Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Bandenkriege und…
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Ganz ehrlich, auch wenn der Preis immer noch um das Doppelte und Dreifache zuviel war, das war es mir voll und ganz wert. Zudem handelte es sich nicht nur um eine durchaus anständige Strecke, die er da schnaufend zurücklegte, doch gab er auch wertvolle Tipps und zeigte mir, wie ich möglichst schnell und unbescholten da hinüber komme.
Also, wie war das noch?
Im Vergleich zu anderen Grenzübergängen mit den standesgemäß gemächlichen und (eventuell medikamentös eingestellt) emotionsbefreiten Beamten gab es hier zusätzliche Polizeikontrollen, zwei Stück. Um weitere unnötige und potentiell nervende Fragen zu vermeiden, sollte ich nur sagen, dass ich „nach Costa Rica durchfahren“ wolle und nicht vor hätte, mich groß in Nicaragua aufzuhalten, Gott behüte.
Denn dann hätte es sein können, dass sie von mir hätten wissen wollen, warum ich mich nicht eine Woche zuvor „angemeldet“ hätte. ?!
Nun, davon hatte ich noch nie etwas gehört, weder online noch analog im Gespräch, aber es schien ihm tatsächlich wichtig und ernst damit zu sein, denn der Bus würde nicht warten.
Wohlan, soviel Menschenkenntnis traue ich mir mittlerweile zu, dass ich imstande bin zu behaupten, dass es ihm nicht nur darum ging, sein „Trinkgeld“ etwas aufzubessern. Das erschien mir alles zu weit hergeholt, und an Grenzen kommt es durchaus gern einmal zu komischen und stirnrunzligen Zwischenfällen von der Sorte.
Und fair enough, ich wurde zweimal nach der Dauer meines Aufenthaltes in Nicaragua befragt, und beiden Beamten schien ein lauernder Ausdruck auf der Zunge zu liegen.
Vielleicht war ich tatsächlich nur übermüdet, aber das ganze Getue und ihr ganzes Gebaren war strange, soviel steht fest.
Zudem musste ich vor der Passkontrolle noch in ein „Office“ in einem Bauwagen, wo ich ein Ticket von der Größe eines -gestempelten- Spickzettels bekam, damit der Herr des Passes fürderhin beschwichtigt sei. Dafür war eine Dame abgestellt, die mich im übrigen nach meiner Gelbfieber-Impfung fragte.
What- the fuck? Gelbfieber? Hier? Auch sowas, was ich noch nie gehört und mit dem ich im Leben nicht gerechnet hätte.
Aber ich bin ja nicht erst seit gestern unterwegs, also habe ich pflichtbewusst meinen getackerten und geleimten Impfpass aus den Tiefen meines Sperrgepäcks gezerrt und ihn ihr triumphierend unter ihre hübsche Nase gehalten!
„Oh, der ist ja auf Englisch…“ Tja, damit hat sie wohl nicht gerechnet, die freche Maus. Ganz enttäuscht und unterlippig hat sie geschaut, dass ich fast Mitleid bekommen hätte. Bis auf den Moment, wo sie mich fragte, von wann denn die letzte Impfung sei? Und ich so, wieder leicht schwitzend:
„Ähem, so… Dezember 2007?“
Unschuldige Hoffnung und eine unausgesprochene Bitte schwangen deutlich in meiner Stimme mit, was sie am Ende wohl dazu bewog, trotz eines deutlich zweifelnden Gesichtsausdrucks, mir das heilige und güldene Billet großherzig auszuhändigen.
PFFffuuuuh! Noch so eine seltsame Episode, und wieder: gedolmetscht und mediationiert von meinem Englisch sprechenden Rikscha-Helden. Wie gesagt, ohne ihn hätte ich mich dort vielleicht nach einer nicht vorhandenen Bleibe umschauen können und wäre in den Genuss einer verlängerten und höchst intimen Grenzkontrolle gekommen.
Wie gesagt, Gott sei Dank war ich einen Moment lang schwach und bin bei ihm eingestiegen. Denn so konnte ich mir sogar als Belohnung von einer Straßenverkäuferin im Bus noch einen schmackhaften Milchreis mit Zimt bestellen, und weiter ging die Fahrt!
Ich bin in Nicaragua, Mann! That’s it, keine Kontrollen, kein intellektueller und moralischer Dünnpfiff mehr, keine sinnlose und Nerven wundscheuernde Schikane, Ihr golemischen Uniformbolzen könnt mich alle! Haaaaahahahahaha!
Die Landschaft änderte sich nun gewaltig, weg waren die dichten Dschungelwelten der Maya, es war nun sichtlich trockener im Sinne von allgemein weniger Bewuchs und dafür mehr halbwüstiges Gestrüpp mit vereinzelt krummen Bäumen, denen der Überlebenskampf in die brüchige Rinde geritzt schien.
Kahle Hänge stachen aus den Ebenen heraus wie gelbbraune Hügelgräber, durch die sich der einsame Teer wand. Je weiter ich nach Süden kam, desto mehr bekam ich auch diese geilen, alten amerikanischen Trucks zu Gesicht, denen das Testosteron aus der Kühlerhaube springt und die ihre seitlichen Auspuffhörner daher paradieren wie die Schwanzfedern eines eingebildeter Pfaus.
Dahingehend wurde ich hier endlich von einem geheimen Fluch befreit, der mich seit meiner ersten Tage im mexikanischen November verfolgte. Denn wann immer ich eines dieser enormen Gefährte auf meine Kamera bannen wollte, kam doch tatsächlich irgend etwas dazwischen.
Die Batterie war aus mysteriösen Gründen auf einmal leer, das Bild verwackelt oder unscharf, der Winkel zu spitz oder ich saß auf der falschen Seite im Bus. Egal wie und in welcher Form, das Schicksal spielte mit mir Katz und Maus, wenn es um diese vermaledeiten 42-Tonner ging!
Doch hier, just in dieser seltsamen Grenzregion fand ich mich unversehens in einem Schlaraffenland für ordentliche Pferdestärken-Liebhaber wieder, knipste mich satt und war am Schluss ganz trunken von all den Eindrücken und Blickwinkeln. Ja, es waren sogar so viele, dass ich einige wieder löschen musste, sonst wäre ich am Ende abgedriftet in ganz absonderliche und unerfreuliche Welten.
Aber kennt Ihr die Szene, wo der fanatisch verbissene Wissenschaftler Dr. Alan Grant, sehr gut gespielt von Sam Neill, plaudernd und munter deklamierend in einem dieser goldigen Spielzeug-Jeeps durch den Jurassic Park fährt und sich pardauz! mit tränenden Augen zum ersten Mal einem waschecht lebenden Brontosaurier gegenüber sieht?
So ungefähr.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht