Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Als Großpapa nackert…
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In diesem Beitrag sind nur vereinzelt Bilder vorhanden und es werden keine Namen genannt aus Respekt vor der Privatsphäre eines jeden Piraten und Zauberers, einer jeden Hexe und Priesterin, die am Camp teilnahmen. Bilder sind zwar einfacher und oft treffender als Worte, doch an dieser Stelle reichen selbst diese bei weitem nicht aus, das Erlebte auch nur annähernd zu beschreiben.
(Anm. des Sammlers)
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Aber da müsst Ihr jetzt durch: Von Goldmarien und Waldkobolden.
Aufgrund vergangener Regenfälle war der Boden noch weich und feucht und schmiegte sich fein schmatzend an sie nackten Sohlen meiner Füße, so dass ich mit dem Erboden zu verschmelzen schien. Das Konzept der Angst, von etwas gestochen zu werden oder in etwas hinein zu treten, erachtete ich als soweit hergeholt und abwegig wie der Gedanke an eine Schutzimpfung gegen Dinosaurierbisse.
Alles war gut, alles war rund und stimmig, alles war genau so, wie es sein sollte. Das also war der Sinn eines jeden Lebewesens: sich auszudrücken in seiner unverwechselbaren Einzigartigkeit, als Teil der Einzigkeit, unendlich und unentrinnbar verwoben in einem schimmernden Geflecht unsichtbarer Spinnweben, die das Sein abbildeten.
Das ist weder neu noch abgestanden, es ist lediglich meine Sicht eines Dinges, das schon von zahllosen Menschen in zahllosen Jahrhunderten beschrieben und gezeichnet wurde, immer etwas anders und doch dasselbe Bild, aus zahllosen Blickwinkeln betrachtet.
Womöglich inspiriert von der morgendlichen Wanderung entschied sich ein Grüppchen dazu, einen Waldspaziergang zu unternehmen.
Ja LO-GO!! Wie könnten wir denn keinen Waldspaziergang unternehmen, und wieso kommen wir erst jetzt drauf?? Dass das absolut und krassen Sinn macht, war mir so klar wie dass zu einem Apfelstrudel ein ordentlicher Klecks Vanillesoße gehört.
Ich kam mir vor wie in einer Märchenwelt da unter dem Blätterdach, inmitten einer Schar grinsender Zwerge und Waldelfen mit glasigen Äuglein, in denen sich der Regenbogen spiegelt.
Wer weiß, was die Gebrüder Grimm nicht alles -aus Versehen- genommen hatten, als sie ihre urwüchsigen Fabeln zusammenbrauten aus den alten Liedern und Geschichten.
Irgendwann setzten wir uns auf eine schmale Lichtung entlang des Wegs und freuten uns einfach, auf der Welt zu sein. Einige dieser süßen Kapuzenfeen um mich herum begannen nun, sanfte Weisen zu singen, und mir war, als ob die Liebe selbst durch mich hindurch wehte.
Jene glockenhellen Klänge, die da ihren Goldkelchen entschlüpften, schienen wie ein warmer Sommerregen aus purem Licht durch meinen Körper in mein tiefstes Inneres zu tröpfeln. Ich war vollends und restlos verzaubert, wie damals Beren, als Lúthien für ihn tanzte und sang in den beschützten Wäldern von Doriath.
Ich wünschte, ich könnte mich noch an die magisch-magnetischen Gesänge erinnern, denn sie waren unzweifelhaft das Schönste, was ich je in meinem Leben gehört hatte, in dem Moment.
Irgendwann einmal und nach undenklichen Zeiten trippelten wir im ewigen Glück zurück in Richtung Jurte, um den Zurückgebliebenen unsere Liebe entgegen zu schleudern. Danach begab ich mich wieder auf die Wiese, um wiederum meinem ganz eigenen Sinn des Lebens Ausdruck zu verleihen.
Immer öfter zog ich mich jetzt aber zurück in den Schoß der Gruppe, denn dort unter dem Zeltdach machte sich das Leben auf eine andere Art und Weise Luft. Gesang und Instrumentenspiel lösten einander ab; eine betörende Stimme erzählte von uralten Welten und Dingen und der einstigen Macht und Gewalt der Frauen.
Ein anderer Teilnehmer wurde so von der Verzückung ergriffen, dass er in seiner Ekstase das Fell einer Handtrommel zertrümmerte, die ihm leider nicht gehörte. Dieses Ereignis sorgte eine Zeitlang für Verwunderung und Trauer, Verstimmung und Ärger, aber in der Reaktion auch der Einkehr und neuer Konzentration. Wie sich herausstellen sollte, schien sich jenes Ereignis in seiner Symbolik als geradezu prophetisch zu erweisen, aber davon später.
Es kam mir wieder einmal so vor, als kannte ich jeden einzelnen dieser wunderschönen und perfekten Menschen in diesem unseren Kreis, nicht nur vom letzten Jahr, sondern von Jahrtausenden! Ich schaute sie der Reihe nach an und wusste haargenau, wen ich da vor mir hatte, bis in die letzte Ritze unserer geistig verlinkten Seelen, und ich liebte sie alle. Mit Haut und Haaren und mit der brodelnden Fülle meines explodierenden Herzens.
Da war der König, der Anführer und das Leittier unseres uralten Stammes, dort seine Königin, Hüterin und Schutzbefohlene dieses Heiligen Ortes, auf der anderen Seite sein engster Vertrauter und Ratgeber, ein gar wunderlicher und eigenwilliger Zauberer, fast schon ein Naturgeist, ihm gegenüber die Hohepriesterin im Gewand der fahrenden Völker, Hexe und Hohepriesterin der Weiblichkeit.
Und da saßen sie, Beren und Lúthien, das schönste Liebespaar auf Erden, rein und unschuldig, und ich daneben, der wirre und exzentrisch leidende Poet in seinem Hölderlin-Turm aus Elfenbein, umgeben vom Rat der Ältesten, einer Schar verrückter Gelehrter und Philosophen, „die kannten das Leben, und sie redeten wirr“. (frei nach G. Grass, „Die Blechtrommel“)
Oder so ähnlich wie die Burschen in Dürrenmatt’s „Die Physiker“. Im übrigen galt ihnen mein höchster Respekt und meine Anerkennung galt, und als ihr selbsternannter Lehrling hoffe ich, eines Tages Aufnahme zu finden in ihren erlauchten Kreis.
Nicht weit und doch kaum erkannt wandelte das Elbenmädchen, das mit seiner nie versiegenden Fürsorge alle Schmerzen und sämtliche Pein der Welt umfangen und in pures Gold verwandeln konnte.
Dies seien nur einige Beispiele meiner, vielleicht etwas eigenwilligen, archetypischen Rollenverteilung, die ich mir in meiner Verzückung und mit einem ewigen Grinsen in im Gesicht ausmalte und das alles einfach hammergeil fand.
Zu guter Letzt wurde ich aber grob von der Muße gepackt und geschüttelt und zückte daraufhin geschwind Papier und Feder, das klingt besser als Kugelschreiber, und verfasste ein paar Gedichte wie im Flug, von denen ich das eine oder andere bei geeigneter Gelegenheit vortrug.
In der Tat flogen mir die Worte aus dem Äther nur so zu, ähnlich wie damals im Museum Lichtspiele, und da ich in der Zwischenzeit einige Erfahrung in solchen Dingen besaß, packte ich mein Schreibzeug schon gar nicht mehr weg. Mein gelehrter Nebensitzer schüttelte dabei nur verwundert und leicht fassungslos den Kopf.
Doch je mehr sich der Tag dem Ende neigte und endlich die lindernde Dunkelheit der Nacht hereinbrach, schienen sich auch die Gedanken und Gemüter zu verfinstern, so als ob sich ihre Schwärze langsam in unseren Seelen ausbreitete und die Mienen sich verdüsterten.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht