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Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Dunkle Magie…
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Singen

Irgendwann räumte sie dann ihren Platz, um andere zum Singen einzuladen, während er unbeirrt wie ein Fels den Takt vorgab. Auf diese Weise sollte jeder, der wollte, sein Wesen und seine Wirklichkeit in die Trommel geben, das war der Sinn.

Das erklärte er uns, als er nach der Session damit begann, seine Trommel auseinander zu bauen, indem er langsam und bedächtig die Lederriemen aufzog, mit denen das Fell an dem silberfarbenen Klangkörper befestigt waren.

Unsere Welt

Er berichtete in Bruchstücken von der Geschichte unserer Welt mit all ihren Eigenheiten und Problemen, den Waldbränden und dem Krieg und dem Blut, das weiterhin vergossen wird.

Deswegen sei es doch so wichtig und so wertvoll, dass wir stets alle unsere Glück- und Segenswünsche in die Welt hinaus geben, grade so wie sie davor durch die Gesänge vom Wasser aufgenommen und über die anhaltenden Vibrationen der Trommel in die Außenwelt geschickt wurden. Das Wasser hatte demnach eine Art Relay-Funktion für Gebete, voll abgefahren.

Verbreiten

Nachdem er das Fell entfernt hatte, konnten wir sehen, dass in seinem Inneren neben ein paar Muscheln tatsächlich etwas Flüssigkeit schwappte, die der Trommel ihren Namen gab und wegen der erwähnten Schwingungen beim Spielen frech durch die dann gespannte Tierhaut spritzte.

Danach ließ er sie wie beim Abendmahl als umfunktionierten Kelch herumgehen, damit jeder einen Schluck davon nehmen und sich selbst mit dem Vibe aufladen konnte.

Aus dem Häuschen

Zumindest war das meine Interpretation von alldem, was er da auf Spanisch eventuell gesagt haben mochte. …Könnte ungefähr so hinkommen, ja.
Aber ist das nicht unbedingt wunderschön und eine ganz zauberhafte Vorstellung? Ich war ganz aus dem Häuschen.

Abgesehen davon bewegte sich, wie schon des öfteren bei derartigen Zeremonien, in meinem Inneren gar nicht so viel. Ich verspürte nur wieder einmal ein überwältigendes Gefühl der Schwere, das ich nicht näher beschreiben kann und mich innerhalb von kürzester Zeit übermannte, so dass ich daraufhin in einen tiefen Schlaf sank.

Indianer

Aber dann schien sich die Frequenz, wenn wir schon dabei sind, in der Gruppe zu ändern, und ich erwachte genau in dem Augenblick, da sich alle wie auf ein vereinbartes Signal hin erhoben und in einer Art sanften Zeitlupenexplosion damit anfingen, ums Feuer zu tanzen wie ein paar abgehalfterte und vermatschelte Indianer, verzeiht den Ausdruck.

Er passt literarisch und dichterisch einfach am besten, und das ist ein ganz ausgezeichnetes Totschlagargument, wie ich finde.
Jener Zustand hielt jedoch nicht lange an, und ich legte mich bald wieder hin, spürte nur noch ein angenehmes Vibrieren und Rauschen im Hintergrund meiner Schädeldecke.

Urvertrauen

Etwas wie ein Urvertrauen machte sich in mir breit, und es war, als ob ich die ganze Lächerlichkeit und Großartigkeit der Existenz und des Weltalls mit einem gesunden Abstand betrachten konnte, wie ein amüsierter Zuschauer vielleicht, Popcorn und so, und ich – verstand.

Alles, das Leben, unser Dasein, Kreuzworträtsel, alles! Darüber hinaus hatte ich irgendwie das Gefühl, dass ich das eh schon viel länger geschnallt hatte und es von daher eigentlich nichts Neues mehr für mich war, nur ein netter Zeitvertreib, so als ob ich mir ein paar Folgen von „Parks & Recreation“ anschauen würde.

Logisch

Das kann ich aber niemandem erklären, weil ich es weiß Gott nicht rational, mit meinem Verstand oder gar logischem Denken begriff, pff, allein der Gedanke. Und ich erlebte definitiv keine Erleuchtung. Wenn das der Fall gewesen wäre, dann wüsste ich nicht, warum alle so ein Rambazamba darum veranstalten.
Nee wirklich, geht ins Kino, und gut is.

Jenes Erlebnis war von weit kleinerem Kaliber, eben nur so eine Ahnung, mit meiner Intuition und aus dem Bauch heraus – vielleicht war sogar mein Herz ein wenig mit dabei, wer weiß. Besser kann ich es nicht beschreiben, es war seltsam.

Getrübt

Ich hänge in dem Moment auf einer anderen Ebene, oder laufe auf einer anderen Spur, und so wie mir mein Denken oft ganz nebelhaft, getrübt und verschleiert vorkommt, so scheint mein Empfinden und mein Spüren dagegen schärfer zu sein. Manchmal, da ist es so frisch und klar wie ein Gebirgssee im Sommer, und mal sprudelt es wie ein dampfender Geysir in der langen Stille von Väterchen Frost.

Lassen wir es dabei.
Wenn mir langweilig wurde, musste ich nur zum Schamanen hinüber schauen, denn der sah in seiner vollen Rüstung aus ein Hipster-Munchkin
mit einem UFO auf seinem Kopf, so dass ich furchtbar glucksen musste.

U.F.O.

Das war natürlich sein vielfach geschmückter Sombrero, mit lauter Federn, die in sämtliche Himmelsrichtungen abstanden wie explodierte Antennen. Und dann, als ob das noch nicht reichte, setzte er sich mitten in der Nacht auch noch eine Sonnenbrille dazu auf! Echt, der Typ.

Dabei war er es doch, der sich die ganze Zeit ins Fäustchen lachte.
Wahrscheinlich
amüsierte er sich noch viel mehr über unser Outfit, wie wir da unter seinen Fittichen das Leben feierten wie so ein paar abgedrehte Poncho-Zwerge.

Endlich dämmerte der Tag vollends heran, und es begann in Strömen zu regnen.
Unser Leader setzte sich eine Weile zu ihm hin, und ich stellte mir vor, wie die beiden miteinander fachsimpelten und ihre jeweilige Gesellschaft genossen, vielleicht bei einem Glas Brandy und einer Zigarre, bevor sich ihre Wege wieder trennen sollten; vielleicht für immer.

Fachsimpeln

Sombrero

Eigenheit

Hinaus

Dämmern

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