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Zum Busbahnhof

Und los ging die ereignislose, dämmerhafte Fahrt durch die mir bereits bekannten Berge zurück in Richtung Bahir Dar. In Wereta war der nächste, kurz angebundene und abgeklärte Abschied von Ian und Aseni fällig, da sich der Ort ganz in der Nähe meines Abzweigs nach Awra Amba befand.

Ein freundlicher Pozilist wies mir den Weg zur Busstation, wo es angeblich Ful zu essen gab; es war mittlerweile acht Uhr, Zeit fürs Frühstück.
Das scheint in Äthiopien überdies die Regel zu sein: Busse fahren zwar (fast) immer am Terminal ab, kommen aber nie dort an.

Heller

Ich weiß nicht, wie es kommt – aber an manchen Orten scheint die Sonne irgendwie ein bisschen heller zu scheinen als anderswo, so dass man sich instinktiv nach einem Hotel umschauen möchte. Das ging mir bereits in Yabelo im tiefen Süden des Landes so, wo ich auf einer Fahrt nach Dilla umstieg, aber eben auch in Wereto.

Es gab absolut nichts zu tun dort, scheinbar war es eine Stadt wie jede andre, aber irgendwas… Besonderes und Schönes lag dort in der Luft. Obwohl vollkommen untouristisch, wurde ich kaum belästigt, sondern allenfalls verwundert angestarrt, jedoch nicht im Mindesten unfreundlich und unkommod. Ein Präsentierteller, in dem man baden möchte.

Frühstück

Die Köchin, die mir mein deftig dampfendes Morgenmahl zubereitete, war völlig aus dem Häuschen, einen leibhaftigen Ferenji bedienen zu dürfen und entwickelte spontan Muttergefühle für mich, indem sie sich einerseits aufopferungsvoll und rührend um mein Wohlergehen sorgte und mich gleichermaßen streng zurecht wies, das Rauchen aber nicht gesund und gut für mich sei!

Schweres Herz

Schweren Herzens beinah stieg ich nach jenem beglückenden Intermezzo in den nächsten Bus, der mich bis zur nächsten Abzweigung des von dort noch zwei Kilometer entfernten Dorfes bringen sollte.

Als ich nach dem Preis fragte, grinste mich der Busbegleiter viel zu lange und sabbernd an – ich konnte regelrecht sehen, wie die Zahlenkolonnen in seinem Hirn wild durcheinander wirbelten, wie psychedelische Blumengalaxien aus den Siebzigern explodierten und schließlich exponentiell in die Höhe schossen wie eine Interkontinentalrakete mit Durchfall.

Schelme

Das ist doch viel zu durchsichtig, das muss er also noch lernen. Ihm war das aber auch bewusst, dass er es mit dem ersten klitzekleinen Zögern schon verkackt hatte. Mit einem schelmischen und wissenden Grinsen versuchte er dennoch sein Glück: „One hundrred Birr.“

Da ihn jedoch mein vergnügter und zudem wissender Blick traf, in dem gleichzeitig eine unausgesprochene Drohung zu liegen schien, korrigierte er sich jedoch sofort: „Okay, ten Birr.“ Sehr weise.

Ausgetreten

Und dann war ich wirklich in der Pampa, weiiiit weit weg von den ausgetretenen Pfaden der Perlweißsockenträger. Selbst zum Tagträumen hatte ich noch Zeit, als ich die letzten Kilometer ins Dorf zu Fuß zurücklegte.

Quatsch, macht Euch doch nichts vor, das Kaff ist im Lonely Planet unter „off the beaten track“ verzeichnet, das heißt, es ist ganz sicher nicht mehr off the beaten track. Denn mannigfaltige Tour-Busse fuhren Tag für Tag auf dem Hauptplatz vor und ließen sich einmal durch die einzige alternative Kommune Äthiopiens mit ihren sämtlichen Eigenheiten und Verschrobenheiten führen.

Konditionierung

Und wenn Ihr jetzt glaubt, dass ich da mit lauter kiffenden Rastas herumlungerte, Gebetsfahnen auf- und abwickelte und mit meinen baren Füßen im Dreck wühlte, so habt Ihr Euch aber gewaltig geschnitten: Die betreiben das ernsthaft! Keine Drogen, nicht einmal Bier oder Fluppen. Auch kein Sex vor der Ehe, was mir ja immer noch ein wenig schleierhaft ist.

Weiter Weg

Wahrscheinlich liegt das trotz allem an der christlichen Konditionierung des Community-Gründers in seiner frühen Kindheit, aber dazu gleich mehr. Ansonsten, Gleichheit, Brüderlichkeit und Friede auf Erden, gar nicht so schlecht.

In der Tat scheinen die meisten Reisenden keine Zeit zu haben, sich länger als ein, zwei Stunden in Awra Amba aufzuhalten: „Auf, auf, bis nach Lalibela ist es noch ein weiter Weg!“
Es war ein bisschen wie in Iran damals: ich traf wirklich niemanden, der mehr als zwei, drei Wochen durch Äthiopien reiste; was für das eigene Nervenkostüm sicher nicht das Schlechteste ist.

Dorfmitte

Und als ich in den Schatten eines stolzen Baumes in der Dorfmitte trat gegenüber dem
„Visitor Center“, da wusste ich, dass ich die richtige Wahl getroffen hatte.
„Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“

Denn ich fühlte mich in etwa so müde und abgeschlagen wie zu der Zeit in Dire Dawa und darüberhinaus immer noch satt und gemästet von den kalorienhaltigen Eindrücken der vergangenen Tage und Wochen.
Zeit für eine Pause. Zeit, auszuatmen.

Abfahrt

Abzweig

 

Schön

Pampa

Tagträumen

 

 

 

 

 

 

Ausatmen

Pfade

Unausgesprochen

 

 

 

 

 

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