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Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Im Fegefeuer…
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Welpen

Wir saßen keine zehn Minuten, da kam der Man Of Steel wieder einmal geschäftig vor sich hin zischelnd von draußen herein und meinte, er hätte im Schneegestöber ein paar Gestalten ausmachen können. Daraufhin begleitete Gala ihn wieder nach draußen, und sie ließen uns zurück wie vier hilflose Hundewelpen.

Ja, so müssen wir tatsächlich ausgeschaut haben, als auf einmal ein wildfremder Mann, dem Aussehen nach Mongole, in der Tür stand und uns breit angrinste. Für einen zeitlosen Augenblick starrten wir ihn einfach nur an. Wir wussten nicht, ob er uns allen Umständen zum Trotz freundlich gesonnen war oder ob er sich bereits darauf freute, uns langsam und bedächtig die Haut abzuziehen.

Frohgemut

Nein! Stattdessen begrüßte er uns herzlich und frohgemut. – Natürlich. Würde nicht ein jeder von uns so reagieren, wenn man in unser Haus einbräche, um es sich dann bei einer Tasse Büffelgrastee am Kamin gemütlich zu machen? Zugegeben, wir befanden uns in völlig anderen Umständen.

Zudem übersetzte uns Gala, dass dies in der Tat die Sommerresidenz unseres unfreiwilligen Gastgebers und offiziell derzeit noch gar nicht in Benutzung sei und wir ihn doch bitte höflichst in sein bescheidenes Winterquartier begleiten sollten, wo er uns an und für sich besser bewirten könne.
Die beiden Jurten befanden sich exakt zwei Kilometer voneinander entfernt.

Eiszeit

Ziehen wir also noch einmal um, kein Stress, solange wir alle unsere Finger behalten dürfen? – Ja?
Freilich. Zu guter Letzt saßen wir allesamt um den Ofen seines zweiten Gers und lauschten gespannt den gutturalen Diskursen zwischen ihm, Gala, Bata und zwei von seinen Cousins, die – AUF DEM MOTORRAD!! – noch schnell auf einen Sprung vorbei gekommen waren.
Zur Erinnerung: es herrschte immer noch pfeifende Eiszeit da draußen.

Wir aßen uns satt, tranken noch mehr Tee und durften sogar von seinem Schnupftabak probierten. Was für ein glorreiches und grandioses Ende!
Als ich später zusammen mit den anderen auf dem Boden aufgereiht in meinem Schlafsack lag, musste ich wieder einmal daran denken, was für ein schlitzohriger und gerissener Sack Murphy doch war.

Ins Nichts

Okay. Das war jetzt keine Kreuzfahrt in der Karibik gewesen. Und fair enough, ich habe mich nicht nur einmal deprimiert im Bus sitzend erwischt und bar jeglicher Hoffnung nach draußen ins Nichts geschaut.

Denn, wenn das Wetter tatsächlich so bliebe, konnten wir uns den geplanten Reitausflug über die endlosen Steppen der Mongolei gehörig in unsre fettigen Haare schmieren. Ganz zu schweigen von da noch weg zu kommen, was das angeht.
Wo immer wir auch gestrandet waren.

Mmmann!

Mmmann! Genau deswegen bin ich doch überhaupt den ganzen weiten Weg bis dahin gewankt und hatte mich auf nichts mehr als auf das Reiten gefreut!
Aber, Gott sei Dank war es ja nicht meine erste Reise.

Mittlerweile wusste ich, dass nach einer Nacht erholsamen Schlafs die Welt am Morgen danach schon wieder ganz anders aussehen kann. Und versprechen deftige Winde nicht auch schnelle Wetterwechsel? Na, schaun wir mal.

Nicht ganz

Nein. An jenem besagten Morgen danach sah die Welt wirklich nicht ganz anders aus.
Nicht einmal ein kleines bisschen, denn der Sturm tobte mit unverminderter Stärke. Wenigstens sah man so weit, um dem Straßenverlauf folgen zu können, und so versuchten wir unser Glück.

Nicht jedoch bevor wir unserem Lebensretter eine Flasche Vodka als Dankeschön überreichten, die er sogleich und mit einem funkelnden Glitzern in seinen knittrigen und vom Wetter gegerbten Augen köpfte. Wir durften sogar auch probieren – um neun Uhr morgens.

Most holen

Aber das ging in Ordnung, mittlerweile gehörte der für uns wie das Zahnputzzeug quasi in den Kulturbeutel.
Mit viel Winkewinke und Lobpreisungen verabschiedeten wir uns schließlich, und Bata zeigte dem Schnee fürderhin, wo der Bartel den Most holt.

Teh. Dieser Wahnsinnige hatte doch glatt, nach dieser ganzen Drecksarbeit für ein paar westliche Würschdel am Abend zuvor, die komplette Nacht im Bus verbracht!
Ganz ehrlich, wenn Chuck Norris Bienen kaut, dann akupunktiert der sich mit ihren Stacheln.

Parken

Das Wetter hatte somit in der Tat keine andere Wahl, als sich seiner höheren Naturgewalt zu beugen: Über den Tag verlor der Sturm sichtlich an Biss, die Sicht wurde dementsprechend besser und der Schnee immer matschiger.

Überdies waren wir nicht die einzigen gewesen, die der Orkan eiskalt erwischt hatte. Reihenweise fuhren wir an steckengebliebenen Autos, LKWs und Bussen vorbei, die notgedrungen am Straßenrand parkten. Ein Auto konnten wir wir herausziehen, während ein ganzer Truck hoffnungslos schepps im Graben lag.

Transformer

Mit der Beschreibung einer Apokalypse hatte ich also kaum untertrieben.
Allein unser unzerstörbarer russischer Armeebus pflügte unbeeindruckt an diesem deprimierenden Schlamassel vorbei. Er erinnerte mich stark an Zweiblums Truhe.
Zudem würde ich mich ja nicht wundern, wenn das in Wirklichkeit ein Transformer wäre.

Gestrandet

Eigentlich wollten wir mittagessen, aber viele Restaurants hatten einfach kein Essen mehr, weil so viele Menschen am Abend zuvor hilflos gestrandet waren und um Unterkunft und Verpflegung bitten mussten. Offensichtlich sprengte das sämtliche Kapazitäten und war ganz schön unfassbar. – Also, rational vollkommen logisch und nachvollziehbar, aber so gefühlsmäßig halt.

Und dann! Zwei Stunden später …war der ganze Spuk vorbei.
Mir war, als ob ich aus einem düsteren Alptraum erwachte. Die Straße war auf einmal wieder trocken und das Land um uns herum so dermaßen grün, als wie es sagen wollte: „Was, Schnee? Pff. Mhacht Euch nicht lächerlich.“

Die Welt vermag es tatsächlich, mich immer wieder aufs Neue zu überraschen.

Sommerresidenz

Quartiere

Unzerstörbar

Schnee?

Motorrad

Men of Steel

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