Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Steine und Lanzen…
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Damit sind wir aber noch nicht durch mit Mythen und Legenden, denn da gab es ja noch die schicke Königin von Saba, an derer privaten Badewanne – oder eben auch nicht – ich auf dem Weg zu den Gräbern vorbeispazierte.
Jedenfalls, für die Äthiopier ist das rechtschaffen heiliges Wasser, da wird zu Timkat ordentlich geplantscht, geprustet und getauft. Ob sie nun wirklich höchstpersönlich darin gebadet hat, who knows, aber als Wasserstelle wurde es in der Tat bereits seit Jahrtausenden benutzt.
Gegenüber vom zweiten Obeliskenfeld auf dem Weg zum Gobodura-Steinbruch lag der Palast von Dungur, der ebenfalls der Saba-Königin gehört haben soll – oder auch nicht.
Historiker sagen, da hätten wahrscheinlich nichtswürdige Edelleute drin gewohnt.
Mei, a bissl klein vielleicht für einen Palast, für ein Privathaus etwas großspurig, aber das kommt ja immer auf die jeweiligen Egos an, nicht wahr.
Abgesehen von den Stelen faszinierte mich jedoch vor allem der Steinbruch selbst, wo noch immer einige unfertige und halb aus dem Fels herausgehauene Obelisken in spe unter der Sonne brutzeln.
Das hat großen Spaß gemacht, weil außer mir war niemand da und ich konnte, ganz wie es mir beliebte, umeinanderstromern und die karge Gegend mit ihren stacheligen Kakteen erkunden.
Zum Beispiel ist da eine Löwin in den Fels graviert worden, einfach so. Rechts daneben ein gleichseitiges Kreuz mit einem Kreis drumherum wie eines von den Maltesern.
Der Sage nach hat Sankt Michael gegen eben diese Löwin gekämpft und sie während dem Battle so arg gegen die Felswand gedonnert, dass ihre Umrisse heute noch sichtbar sind!
Nun, ich muss sagen, dafür hat er sie sehr adrett und vorteilhaft dort hinein geschmettert, und kurioserweise heben sich ihre Umrisse eher vom Felsen ab anstatt dass sie einen Abdruck hinterlassen hätten. Aber Heilige bringen alles fertig, das hatte ich mittlerweile von Paramahansaji gelernt.
Außerdem gefällt mir die Geschichte.
Und das ist noch immer nicht alles, da braucht Ihr gar nicht die Augen verdrehen.
Drei Tage habe ich für all das gebraucht im Schweiße meiner stinkenden Füße, dann könnt Ihr Euch auch eine halbe Stunde hinsetzen!
Heilige Jungfrau Maria von Zion, Deine Kirchen fehlen ja noch!
Die kosteten allerdings extra Eintritt. Ja klar, weil die Kohle schiebt sich natürlich der Pfarrer ein und nicht diese hinterhältige Tourismusbehörde.
Die neue Muttergotteskirche wurde 1960 von Haile Selassie oder Ras Tafari (So hieß er nämlich vor seiner Krönung.) himself gestiftet, und zwar für die holde Damenwelt, der alte Charmeur, weil in die alte Kirche durften ja nur Männer.
Wisst Ihr eigentlich, warum in manche Kirchen, auch heute noch, Frauen keinen Zutritt haben? Das hab’ ich auch erst dort gelernt.
Wegen Eva, dieser Archetypin eines Luders: Sie war es gewesen, die den Apfel vom Baum gepflückt hatte. Sie hatte Schuld daran, warum die Menschheit aus dem Paradies geschmissen wurde.
Klar, Adam hätte es ja auch schlecht gewesen sein können, der hing ja besoffen und im Chat-Delirium unterm Tresen, aber hey.
Oh Jesses, ich fass’ es nicht. Das war immerhin ein erwachsener, gebildeter und gestandener Mann, der mir das erzählte.
Und dann meinte der auch noch, genüsslich schmatzend: „Good arrgument, yes?“
Ich aber hielt schön meine Fresse, sonst wäre ich womöglich aus dem Kirchenareal geschmissen worden. Und gebracht hätte es eh nichts.
Auf jeden Fall gibt es dank dem alten Kaiser und Rasta-Gott jetzt auch eine Kirche nur für Frauen, die von außen jedoch aussieht wie ein überglorifizierter Frachthangar für Luftschiffe. – Oder? So ähnlich sehen diese Flugzeughallen doch aus.
Dafür gab es innen drin ganz niedliche und interessante Bibelgemälde, und der diensthabende Mönch auf seinem mürrischen und gelangweilten Werkszustand zeigte mir unter gutem Zureden des Guides eine echte Pergamentbibel in der alten G’eze-Schrift, was für die Äthiopier sowas wie Latein oder Sanskrit ist.
Die wog in etwa soviel wie mein ganzer Rucksack: nämlich an die fünfzehn Kilo.
Die alte Männerkirche wurde dagegen schon im 17. Jahrhundert von Fasiladas erbaut, der Typ aus Gondar, das sieht man auch gleich an der Ähnlichkeit im Baustil.
Auch da gab es fesche Wandgemälde, die aus der Zeit sogar noch erhalten waren und deswegen, wie auch die Bibel, vor Sonneneinstrahlung geschützt werden müssen und tagsüber von schweren Samtvorhängen verdeckt werden.
Davor lag ein Thronstein, auf dem anscheinend an die 200 axumitische Herrscher gekrönt wurden. Aber der eigentliche Schatz der ganzen Anlage, „the Holy of Holies“, ihr Allerheiligstes, das befand sich zwischen den beiden Marienkirchen, im Gräbele quasi: eine kleine, seltsam modern wirkende und auf Hochglanz polierte Kapelle, die mir in ihrem ganzen Erscheinungsbild trotz allem wie ein altvorderer Tempel erschien.
Dieser wird seit jeher strengstens bewacht, und nur ein einziger, speziell dafür ausgebildeter Mönch hat dort angeblich Zutritt. Denn genau da drin also wollen sie die geheim berüchtigte Bundeslade versteckt halten.
Das Problem ist, außer diesem Torwächter darf niemand hinein und niemand darf sie sehen, nicht einmal der auserwählte Mönch selbst. Das heißt, es ist gut möglich, die eifrigen Burschen bewachen seit Jahrhunderten – rein gar nichts.
Graham Hancock glaubt das wiederum nicht, denn er hatte wohl die seltene Chance, einen dieser Mönche zu interviewen und fand dabei heraus, dass er ein Augenkatarakt entwickelt hatte.
Auf sein Nachfragen bekam er zur Antwort, dass den Amtsbrüdern des Betroffenen im Allgemeinen eine eher geringe Lebenserwartung beschieden sei, denn angeblich würden sie auffallend oft von krebsähnlichen Leiden befallen, fast so als ob eine gefährliche und mysteriöse Strahlung vom Heiligtum ausgehen würde…
Hm. Auf jeden Fall dürfen Touristen nicht einmal in die Nähe des Zauns, weil ein paar anderweitig kurzsichtige Trottel probiert hatten, darüber zu springen und sich so mit Gewalt Zutritt zu verschaffen. Herzlichen Dank.
Wobei, in dem Fall macht es nicht einmal soo einen großen Unterschied, von wo aus man das Ding von außen sieht.
Jetzadle, das war’s! Ihr seid endlich erlöst. — Halt nein, stimmt nicht!!
…Hehe, dochdoch. Späßle gmacht.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht