Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: For your wife!…
———————————————–
Es gibt aber noch ein Naturgesetz: Man muss sich im Klaren darüber sein, dass man als Msungu ein lebendes, potentielles Gateway für ein Dasein im vermeintlichen Saus und Braus der „Ersten“ Welt darstellt. Wie zum Beispiel für die junge Frau, die ich in einem Dorf in der Nähe von Samfya traf. Die verzweifelte Hoffnung, die in ihren Augen loderte und die arme Seele verzehrte, brach mir an mehreren Stellen das Herz.
Die umher streunenden Kinder vermochten es allemal wieder zusammen zu fügen, denn sie verspürten noch nicht die volle Last ihrer schwierigen Existenz. Ihr vorwitziges, unbedarftes und ganz einfach zauberhaftes Auftreten wäre mit Sicherheit dazu imstande gewesen, jedwede Krankheit zu heilen.
Ohne Scheiß, steckt eine Person mit manifester, unheilbarer Depression für einen Monat in eine der unzähligen Primary Schools vor Ort, und ich garantiere Euch, sie wird als grinsender Buddha mit einer fixen Karriere als Welterlöser entlassen.
Die Kehrseite dabei ist, dass man nach einem derartigen Aufeinandertreffen taub ist.
Immer wieder bat mich eine Horde dieser putzigen Exemplare, dass ich doch bitte ein Foto von ihnen machen solle. Freilich ließ ich mich bei solchen Gelegenheiten nicht zweimal bitten und zeigte ihnen anschließend das Ergebnis.
…Wie ich es geschafft hatte, unter ihrem tobenden, glucksenden Schallern und den überlaufenden Glubschern nicht zu einem blubbernden Glücksbrei zu zerfließen, ich weiß es nicht. Egal, wohin ich auch kam, die Kleinen flippten aus, als ob ein Schauerregen aus bunten Süßigkeiten auf sie niedergegangen wäre.
Selbst für den Fall, dass meine billigen Faxen ihre Wirkung verloren, brauchte ich nur mein Haargummi zu lösen. Sobald ich mit offener Haaren wie so ein verlotterter Heiland vor ihnen stand, brandete mir ein Gilfen, ein tosendes Kreischen entgegen, dass selbst ein Eskimo überm Polarkreis- Verzeihung: ein minimalpigmentierter, indigener und hochgeschätzter Bewohner dieser Erde und Umgebung, vor Schreck seine Angel verschluckt hätte.
Das passiert andauernd, weil Zentralafrika lediglich aus Kindern besteht.
Wenn Ihr eine annähernde Vorstellung von der Unendlichkeit und der Weltschöpfung erleben wollt, dann müsst Ihr nur dorthin fahren und Euch mit diesen supraquirligen Schnatterhälsen konfrontieren.
Das sage ich nicht nur so dahin. Zwar habe ich keine genauen Zahlen zur Hand, aber ein Gutteil der Bevölkerungen ist jünger als 35. Zum Teil liegt das jedoch auch daran, dass nicht wenige Einwohner ihren vierzigsten Geburtstag gar nicht erst erleben.
Das musste ich mehrmals aus erster Hand erfahren, denn die meisten Leute in meinem Alter, mit denen ich in Kontakt kam, hatten seit langem schon den Tod ihrer beider Elternteile zu beklagen, von den Großeltern ganz zu schweigen.
Eine ihrer Eigentümlichkeiten jedoch, an die ich mich erst mühsam gewöhnen musste, bestand darin, dass sie niemals „Danke“ oder „Bitte“ sagen, wenn sie etwas von mir wollten: „Givve me cigarrette!“ Oder „Close de door!“
Joo. Peace, Oida. Zunächst kam mir das überaus barsch und unfreundlich vor, und ich dachte mir: „Na gut. Dann fick Dich halt.“ Als ich die Menschen in ihrem jeweiligen Umgang untereinander jedoch genauer unter die Lupe nahm, stellte ich fest: das war einfach so.
Im Gegensatz dazu überschütteten sie mich mit geradezu überschwänglichen Thankyuthankyuthankyus in für mein Dafürhalten vollkommen absurden Momenten, zum Beispiel wenn sie MIR halfen oder schlicht und ergreifend am Ende eines Gesprächs, ohne ersichtlichen Grund. Ein ganz befremdlicher, doch irgendwie auch drolliger Fluch entgegen gesetzter Prägungen war das.
Aber noch einmal: das, was letzten Endes den Pfeil meiner Zuneigung ins SchwwwZiel traf, war ihre bodenständige Lockerheit und ihr Humor, der Ozeane füllt und Bergketten schmilzt und der mir so sehr gefiel.
Am grellsten und anschaulichsten zeigte er sich in endemischen Unternehmenstiteln.
Er zeigte sich in so vorzüglichen Gestalten wie Nafdali, dem Barkeeper im Flintstones, der guten Hexe Charity in ihrem Kräutergarten, oder, wie hieß er noch… Norbert, unser Saufkumpane in Bulawayo mit seinen krachenden Zwerchfellexplosionen, die wie Hammerschläge in unseren Resonanzkörpern widerhallten. Vor lauter Lachen kamen wir mit dem Trinken ja kaum mehr nach.
Er zeigte sich ganz trocken in dem Pickup-Fahrer, der Claudi und mich durch die Hügellande im Osten bugsierte, und in aller Bescheidenheit bei dem netten Hostel-Staffer, mit dem Arnold und ich zusammen in Vic Falls einen schönen Abend verlebten.
Das waren allesamt Menschen, wie es sie noch viel mehr auf unserer zerrütteten und geplagten Welt geben sollte.
Ironischerweise hatte ich mich in Bezug auf meine anvisierten Reiseziele bislang und aus mir unerfindlichen Gründen am längsten von allen Regionen gegen Afrika gesträubt. Irgendwie hatte ich einfach Angst davor oder zumindest eine gehörige Portion Respekt.
Hm. Das Leben ist schon seltsam – und durchaus erheiternd, wenn man denn in der Stimmung dazu ist.
Vielleicht war Gott ja doch ein Schwww- Ach! Zur Hölle mit dieser oberflächlichen, heuchlerischen und völlig, meilenweit!, am Ziel vorbei gehenden „politischen Korrektheit“. Die ist nämlich das eigentliche Unwort bei der ganzen Sache!
Sie war schwarz, okay, pech-, kohlraben- und mohrenkopfmäßig SCHWARZ.
So. Und jetzt lebt gefälligst damit.
————————-
Bitte umblättern: Interessante Konzepte…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht